Ich muss verstehen, dass es keine Lösung gibt. Ich bin als Überwältigte(r) (als das, was Überwältigt-Sein ist) Mensch – und damit vollständig an mich als das Leben ausgeliefert. Solange sich diese höchstfreiwillige Form der Hingabe nicht selbst empfangen kann, kann es sehr dunkel werden. Und wenn es so dunkel wird, dass ich mich dabei in der Dunkelheit verirre, in düsteren Wiederholungen, die mich zutiefst bedrängen, kann mir natürlich die Idee kommen, Hilfe zu holen. Nur von wo?! – Das grundlegende Dilemma ist: Du erlebst Dein Leben und niemand sonst. Dir kann Dein Leben nicht abgenommen werden und Dir kann in Wirklichkeit auch nicht „von außen“ geholfen werden. – Wenn Du das hören kannst, ist die Hilfe schon ganz nah … Nah, weil Du Dir jetzt nicht mehr fern bleiben kannst.
...
„Ort“ heißt ja nicht, ich komme wo an, mache meinen Sonnenschirm auf und bleibe bis ans Ende meiner Tage hier. An diesem Traumstrand. Nein, letzten Endes bist Du der Ort selbst. In Dir geht es nicht mehr zu. In Dir muss es sich nicht mehr verdunkeln. Und wenn es sich doch verdunkelt, dann verdunkelt es sich. Und wenn es so ist, erlebst Du das. Direkt. „Pur“. Das wird eine ganz andere Verdunkelung sein als das, was wir unter Depression verstehen. Wenn wir über Depression sprechen, reden wir über ein Wort, über eine Vorstellung von etwas, wovon Du keine Vorstellung haben kannst. Weil Du Dir nicht vorstellen kannst, wie es ist, eine Depression zu haben, wenn Du noch nie eine gehabt hast. Es sei denn, Du kennst einen wirklich depressiven Menschen. Dann weißt Du trotzdem nicht, was eine Depression ist, aber dann weißt du zumindest: Das ist etwas sehr, sehr Schwerwiegendes. Das ist nichts, was jemand vorgibt. Es ist im Grunde eine ganz tiefe, tiefe, tiefe Sehnsucht nach dem Leben. Und diese tiefe Sehnsucht kann sich in Dir nicht treffen. Sie findet in Dir keinen Ort. Sie trifft nicht auf sich selbst!
Doch jetzt, jetzt bist Du vor Ort und dabei wird es dunkel in Dir. Das ist eine vollständig andere Dunkelheit. In dieser Dunkelheit kannst Du wachsen wie im Licht! Weil Du da bist!
Wir, als Prinzipien, sind von Anfang an darauf ausgelegt, uns zu verbinden. Nicht nur als Mann und Frau, sondern grundsätzlich. Du kannst auch sagen, dass die Prinzipien aus der Vereinigung hervorgehen und in die Vereinigung zurückfallen. Aus der Mitte, aus der Einheit (zer)fällt es automatisch in ein Links und ein Rechts. Links und Rechts wohnt für immer die Sehnsucht inne, diesen Zustand aufheben zu wollen. – Das kann von mir als Geist erkannt werden. Damit findet alles wieder in der Mitte zusammen. Bei mir selbst ist es genau dasselbe: Ich bemerke, dass ich in Raum und Zeit gefallen bin, dass es darin immer wieder dunkel werden kann. Ich bemerke, dass ich mir fehle und dass ich mit mir immer wieder Schwierigkeiten habe. Und suche nach Lösungen – und schließlich die Vereinigung mit mir. Die ich nicht finden kann, solange ich nicht verstehe, dass Reflexion nur der eine „Teil der Sache“ ist. Reflexion selbst ist wie „das Klatschen der einen Hand“. – Das allein funktioniert nicht. Der andere „Teil der Sache“ bin ich selbst. Das, worüber reflektiert wird! Ich als das, was Erlösung sucht und vereinigt sein will.
…
Das beschreibt den Weg des verlorenen Sohnes. Meine Sehnsucht, die mich gerufen hat, wird nicht erfüllt. Sie wird mich nicht erfüllen. Weil etwas, was nicht erfüllt ist, nicht erfüllen kann!
Jemand, der sich ernsthaft und tiefgreifend auf den Weg in eine sprachlich nicht mehr klar darstellbare Dimension aufmacht, tut das in aller Regel, weil er in der Welt, wie er sie erlebt, etwas ganz Grundlegendes vermisst. Sich selbst! Sein wahres zu Hause. Und dieses zu Hause kommt sich durch das Nichtvorhandensein in der Welt so nah, dass es nicht mehr anderswo gesucht werden kann als Hier. Ich bin es selbst. Diese Einsicht lässt mich schließlich umkehren. Der Kreis schließt sich. Ich komme wieder nach Hause. Wieder – aber in Wirklichkeit zum ersten Mal.
Es gibt wahre Magie und falsche Magie. Die falsche Magie ist in den Vorstellungen der Menschen verankert. Sie besetzt 99 % des Raumes und wird uns immer wieder in die Enge von Vorstellungen treiben, die uns verwirren und enttäuschen müssen. Die wahre Magie ist in und als Wirklichkeit überall. Sie wird nur nicht entdeckt, weil wir uns unter Magie etwas anderes vorstellen. Durch diese Einsicht fange ich an, die Welt anders zu fühlen und zu denken. Ich fange an, sie anders wahrzunehmen und dadurch passiert in meinem Gehirn etwas. Dadurch gehen neue Räume auf, es zeigen sich Räume, die vorher übersehen waren. Und es entstehen neue Wege. – Keine Bestellung beim Universum, sondern Schweigen, Wundern. – Weil der wahre Magier erst zuhören muss. Um zum Magier zu werden.
…
Wenn ich schon weiß, dann kann ich doch nichts mehr lernen! Dann können keine neuen Räume entstehen. Und sich keine neuen Wege erschließen. Ich weiß doch schon, was ich will und wie es ein soll! – Und jetzt kommen wir zu einem Magier, der seit 40, 50 Jahren schweigt. Nicht, dass er nichts sagt. Er schaut einfach immer tiefer. Immer tiefer. Und durch die Art, wie er schaut, verändert sich sein Leben, sein Handeln, sein Denken. Alles ändert sich. Dadurch wird er tatsächlich zum Meister. Aber nicht zum: „Ich bin der Meister. Ich hab’s gemacht, ich hab’s raus.“ Nein, er wird von den Dingen übernommen, wie sie wirklich passieren – und ist damit und darin immer zu Hause.