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Jesus in Wildeshausen


 

Vor ein paar Tagen führte ich ein Gespräch, in dem es mal wieder um alles und um nichts ging. Solche Gespräche können sehr augenöffnend sein – oder eben auch nicht, nämlich dann, wenn es immer um alles und nichts geht. – Wenn das Sprechen über das Unsagbare zur Gewohnheit geworden ist.

 

In diesem Gespräch tauchte Jesus auf. – Er lief durch Wildeshausen, wo Du wie so oft am Gartenzaun stehst. Etwas ruft Dich an: „Komm mit! Lass die Toten ihre Toten begraben!“ – und Du siehst Dich da wie immer stehen. Als Zuschauer, der sich so seine Gedanken macht. Aber letzten Endes unberührt bleibt. – Weil Du immer wieder Zeit brauchst. Zeit, die niemand hat. – Und so reißt Dich selbst dieses Ereignis nicht mit und macht aus Dir keinen anderen. – Jemanden, der das Leben einfach leben muss. Als Evangelium. – Dem er folgt. Eine(n) „Berührte(n)“.

 

Du rufst Dich selbst an. – Es ruft aus Dir!

 

Plötzlich wird Dir klar: Das alles ist eine Innenschau. Jesus ist kein „Wort“. Und er ist ebenso wenig Person wie Buddha es war oder Du es in Wirklichkeit bist! Er ist immer eine Innenschau. Ein tiefer Ruf nach Dir, der von Dir abspalten ist, weil Du ihn – und damit Dich (!) abstrahierst. Doch solange Du Dich nicht gemeint fühlst, kann der Ruf seine Wirkung nicht entfalten.

 

Du rufst Dich selbst an. – Es ruft aus Dir! – Du bist Jesus, die am Zaun stehende „Figur“, die wie leblos auf ein Leben beharrt, dass sie nicht hat (!), weil sich das Leben nicht besitzen lässt. – Darin besteht der Glaube der Toten. – Und Du bist Zeuge des Geschehnisses, das vor Deinen Augen abläuft. Und diese Augen sind nicht die Augen des am Zaun Stehenden, weil diese Augen nicht (mehr) sehen können. Weil diesen Augen das wahre Sehen abgewöhnt worden ist.

 

Du hast Dich daran gewöhnt, hin und wieder von jemandem wie Jesus besucht zu werden. Und Du hast Dich daran gewöhnt, dass er Dich nicht erreichen kann, weil der am Zaun Stehende letzten Endes will, dass alles so bleibt, wie es ist. Du hast Dich daran gewöhnt als Toter unter Toten zu leben und leidest immer weniger daran. Nur manchmal, manchmal leidest Du sehr. Und dann ist es plötzlich für einen kurzen Augenblick wieder möglich zu sehen. Direkt zu sehen. – Deine Auferstehung und Deine Kreuzigung. Die sich in der Sinnlosigkeit eines Lebens, das sich selbst mit den ewig gleichen Geschichten narkotisiert, nicht verwirklichen lassen. – Doch jetzt, in diesem winzig kleinen Augenblick, wo der Verlust des eigenen Lebens direkt zu Dir aufsteigen darf, wo Du unkommentiert spüren darfst, weißt Du, dass das alles in Dir stattfindet. – Lebendig zu sein, ist Deine Bestimmung. Es ist Deine einzig wahre Sehnsucht!

 

Du bist die Welt, die sich genau da erlebt, wo Du bist. Ob Du es willst oder nicht: Dabei verwirklicht sich, was Dir dieses Leben bedeutet. Wie Du es empfängst und siehst. – Diese Einsicht kann zu einer wirklichen Erschütterung führen. Die nicht gleich wieder zu einer erzählbaren Geschichte, sondern zu einem wahrhaftigeren inneren Erleben werden möchte. Dieser Schock hat das Potential, Dir die Transformation zu vergegenwärtigen, die das lebendige Leben ist! Bewegt und von sich selbst berührt. Immer berührbar.

 

Von hieraus spricht sich kein falsches Zeugnis mehr.

 

Das Lebendige ist das Einzige, was Dich erreichen und zum wahren Leben anheben kann. Und Du weißt das. Du weißt es bereits – von Anfang an. Nur lässt Du dieses Wissen nicht zu Dir kommen. Weil es Dein Leben – das, was Du für Dein Leben hältst – transformieren würde. – Doch das Tote „vernichtet“ alles Lebendige. Es kann nicht anders. Deshalb sieht es in der Mensch-gemachten-Welt so aus. So trostlos und so tot. So unausweichlich und vorherbestimmt. Weshalb wir uns – und sei es im Geheimen – nach einem Paradies sehnen, das es „da draußen“ nicht gibt. Weil es so nahe ist, das vom Augenblick seiner Entdeckung an (alles) anders gesehen wird.

 

In diesem Paradies ist alles lebendig. Und das wahrhaft Lebendige kann vom Tod nicht erreicht werden. Niemals. Es lässt sich vom Tod nicht zurückhalten. Sondern fließt mit sich dahin, wo es ist … Hierher. In diese unglaubliche Schönheit, in der sich dieses Leben überall zeigt. Eingebettet – nicht fremd. – Du bist die Zeugin. Du bist der Zeuge.

 

Ich habe keinen Wert mehr für diese Welt. Ich bin nichts wert für diese Welt! Darin und einzig darin liegt meine unglaubliche und unbeschreibliche Freiheit! Die mich sehen lässt, was ich nicht mehr leugnen kann. Von hieraus spricht sich kein falsches Zeugnis mehr.