Dieses Herz will in (die) Freiheit schlagen!

Wir tun alles nur Erdenkliche, um nicht berührt zu werden …


 

Hier ist der Fühler, der Lebensfühler. Hier sind die Antennen – und die sind überall. Überall auf der Welt nimmt sich das Leben selbst in Empfang, überall nimmt es sich selbst ab. Damit hat es eine hoch intime, ganz direkte, vollkommen zugewendete, zärtliche Beziehung zu sich selbst. Ich meine nicht das verkitschte, romantisierte „Zärtlich“, wie man es sich bei einem Liebespaar vorstellt. Zärtlich kann auch wirklich hart sein. Die Frage ist: Bin ich empfangend genug? – Je bereiter ich bin, umso zärtlicher wird es.

 

Zärtlich heißt ganz einfach: nicht gedacht. So nah, dass es niemanden gibt, der das verstehen muss, weil das nicht zu verstehen ist, weil es hier keines Verstehens bedarf. Weil in der Berührung bereits alles enthalten ist! Diese Form von Zärtlichkeit ist die höchste Intimität, ist die Intimität des Lebens für sich selbst. Das Leben empfängt sich selbst, indem es sich nimmt, wie es ist – und dabei erfährt, was das „bedeutet“. Das ist die wahre Bedeutung des Lebens! – in die hinein es immer von sich selbst getragen ist. – Das ist das große Geheimnis dahinter. Darin liegt die unaussprechliche Zärtlichkeit: In der Bereitschaft, das Leben selbst zu erfahren.

 

Was uns davon abhält, dass auch nur ansatzweise fühlen zu wollen, ist Angst. Wir haben Angst, uns an das Leben zu verlieren! Wir haben Angst davor, in die Hölle zu stürzen, in die Dunkelheit, in die totale Vereinsamung oder dergleichen. Wir haben immer wieder Angst davor – und machen so immer wieder dieselben mentalen Erfahrungen, die in Wirklichkeit keine Erfahrungen sind! Weil das „Davor“ kein „Dahinter“ kennt. Und damit immer wieder bei sich selbst stehenbleibt!

 

Dabei ist es so unendlich schön, wirklich zu verstehen, dass wir für immer Empfangende bleiben. Im wahrhaften Empfang geht es gar nicht anders, als sich in das Empfangene zu ergeben – als das Empfangene zu geben! Es herzugeben, es aufzugeben. – Es zu erfahren! – So wie bei einem Samen: Wenn er auf fruchtbaren Boden fällt, geht er auf. Er „muss“ über sich hinaus. Der natürliche Ausdruck des Lebens ist, dass es immer wieder über sich hinaus muss. Es kann sich nicht zurückhalten.


Was heißt, dass wir hier den Himmel nicht erkennen, und demzufolge Gott ins Abseits stellen.

Als Unberührbarkeit – die aus dem „(N)irgendwo“ auf uns Menschen schaut.


Allein das ist das Fegefeuer wert!

 

Dafür ist das „Fegefeuer“ eine recht gute Metapher für die Erde, auf der sich der wahnsinnige Gedanke von Himmel und Hölle zeigt. Im Fegefeuer übersteigert sich der mentale Wahnsinn derartig, dass er Gott aus der Welt erklärt, in ein Jenseits, wo Du aber niemals hinkommen kannst, wenn Du durch dieses Jammertal hier geschritten bist – weshalb der „Ort“, an dem wir hier sind, das Jammertal ist! Was heißt, dass wir hier den Himmel nicht erkennen, und demzufolge Gott ins Abseits stellen. Als Unberührbarkeit – die aus dem „(N)irgendwo“ auf uns Menschen schaut.

 

Wir versuchen immer, zu viel zu verstehen, und verstehen dadurch gar nichts. Die profansten Dinge verstehen wir nicht mehr, weil wir Angst haben, dass sie uns zu nahe kommen. Allein ist Gott als Berührbarkeit so weit weg! – Du könntest sagen, dass die Erdatmosphäre eine Atmosphäre hat, die Dir das Angebot macht, berührt zu werden. Und das allein schon ist das Fegefeuer wert! Denn die Berührung ist heftig. Deshalb tun wir alles nur Erdenkliche, um nicht berührt zu werden. Und dann wollen wir natürlich ganz spezifische Berührungen erfahren: Liebe, Vereinigung, Freude … das darf gerne sein, aber die andere Seite der Berührung bitte nicht. – Das ist die Wunde. Und solange sie nicht gespürt wird, ist wahre Heilung, die im reinen Empfang liegt, ausgeschlossen.

 

M: Wenn die Berührung stattfindet, das ist dann der Ernstfall: Du kommst nicht mehr raus. Beispielsweise wenn Du wirklich realisieren musst, dass etwas ernsthaft vorbei ist. Man kann gedanklich oder wie auch immer nichts mehr machen, es ist einfach so; aber man will das nicht wahr haben.

 

Es könnte sein, dass es von Anfang an vorbei war. Weil es in Wirklichkeit nie angefangen hat, sondern alles nur eine gedankliche Konstruktion war. So ist es viel zu oft. Zwei Menschen, die eine bestimmte Anziehung zueinander empfinden, projizieren „normalerweise“ unendlich viel und stellen sich „die schönsten Dinge“ vor – und irgendwann ist die Enttäuschung dann groß. Aber wenn die Enttäuschung eintritt, dann ist oftmals schon so viel konstruiert, dass diese beiden auf einmal z.B. in einem Haus zusammen wohnen, verheiratet sind und Kinder haben, und es gar nicht mitbekommen haben! Und jetzt merkst Du: „Das ist ja Wahnsinn, ich habe mit diesem Menschen nicht wirklich zu tun, außer, dass wir zusammen etwas konstruiert haben.“ Dann merkst Du, dass es vorbei ist – und wenn Du genau schaust, siehst Du, dass es nie angefangen hat!

 

Die wahre Sehnsucht ist ...

 

In Wirklichkeit ist es noch viel offensichtlicher: Eine Ebene von Realität ist vorbei. Durch das Vorbeisein einer Ebene eröffnet sich eine andere Dimension, eine andere Ebene von Wirklichkeit, auf der Du siehst: Es war sehr kindhaft, es war sehr unentwickelt, da waren so viel Projektionen und Vorstellungen im Raum, in denen ich gelebt habe. Und darin lässt sich nicht leben! Das ist die Einsicht.

 

Und jetzt wird gesehen, was die wahre Sehnsucht ist. Die wahre Sehnsucht besteht darin, in einer Wirklichkeit anzukommen, die eins mit sich selbst ist. Hier wird nichts mehr verklärt. Darin wird es rezeptiv und still – und in diese Stille hinein wird es immer aufmerksamer. Und zwar nicht aufmerksam im Sinne einer gerichteten Konzentration, sondern durch die Stille – dadurch, dass ich mir nichts mehr denke, dass ich mir nichts mehr ausmale, dass ich nichts mehr vorweg weiß. Damit ist es jetzt vorbei. Es geht um die totale Empfänglichkeit. Um das wahre Selbsterleben.

 

Was passieren könnte, ist, dass Dich jemand dafür entzünden kann, dass er Dich inspirieren, einen Geschmack oder eine Schau in Dir entfachen kann. Und dann willst Du es selbst – dann merkst Du auf einmal, dass Du es selbst bist, dass Du selbst schauen kannst, dass Du selbst ein schlagendes Herz in Deiner Brust hast, das vielleicht nur aus diesem Grund schlägt: Um nicht das machen zu müssen, was schon zehntausendmal (vor)gemacht worden ist, in diesen völlig in sich gefangenen Konzepten von uns selbst. Nein! – Dieses Herz will „mit Dir“ in Freiheit schlagen …